Komplettautomation für Pipettenspitzen

2022-11-07 15:50:57 By : Ms. Tracey Du

Die Anforderungen an Präzision und Qualität bei der Fertigung von Pipettenspitzen sind so hoch, dass sie sich nur mit einer komplexen Automation verwirklichen lassen. MA Micro Automation hat dafür Centauri IVD entwickelt.

Spitzenkontrolle an den Pipettenspitzen (Side-view-Prüfung) (Bild: Fletcher Photography)

Mittels Pipettenspitzen werden in Laboren exakt definierte Flüssigkeitsmengen in Testbehältnisse übertragen. Mit der Pandemie ist der weltweite Bedarf an diesen Einwegartikeln immens gestiegen und überall gehen neue Fertigungsanlagen in Betrieb. Dabei ist die Produktion alles andere als trivial: Die Wandstärken liegen bei etwa 0,3 mm und die Öffnung an der Spitze ist ebenfalls nur Zehntelmillimeter groß. Die Füllmenge wird durch die Höhe des Flüssigkeitsstandes bestimmt. Ihre exakte innere Geometrie und Fehlerfreiheit entscheiden über das Analyseergebnis. Bei der Herstellung kommt es deshalb auf präzise arbeitende Spritzgießwerkzeuge an – aber auch auf das, was geschieht, wenn es sich öffnet. MA Micro Automation hat die modulare Automationslösung Centauri IVD entwickelt, mit der sich alle Folgeprozesse bis hin zur Verpackung umsetzen lassen. Mehrere dieser Anlagen in Vollausbaustufe werden demnächst in den USA geliefert.

Es beginnt mit der Bauteilentnahme. Von Linearmotortechnik angetrieben fährt der Greifer zwischen die Werkzeughälften und übernimmt die Pipettenspitzen von den filigranen Kernen. Als einziger Anbieter in Europa stellt MA Micro Automation seine Hochgeschwindigkeitsachsen nach dem Transrapid-Magnet-Prinzip selbst her. Eine weitere Besonderheit an der Centauri IVD ist, dass vielfältige visuelle Prüfstationen integriert werden können.

Nach Entnahme der Pipettenspitzen geht es los: Auf einer Sensorbrücke, durch den das Handling fährt, sind Laser-Lichttaster angebracht, die überwachen, dass in allen Entnahmehülsen Teile stecken. Oben auf dem Entnahmegreifer sitzen weitere Sensoren, die das Spaltmaß kontrollieren, um zu sehen, ob die Pipettenspitzen vollständig übergeben wurden. Der Grund für beide Maßnahmen liegt im nächsten Zyklus, denn wäre nur ein Artikel aus dem Multi-Kavitäten-Werkzeug nicht übergeben, würde es zur Störung an der Spritzgießmaschine kommen. Anders als etwa bei Werkzeugen für PET-Preforms, sind die Kavitäten von Pipettenspitzen nicht in Reihen angebracht, sondern in kreisförmigen Clustern mit jeweils acht Nestern. So kann man, wenn in einer Kavität ein Fehler auftritt, das gesamte Cluster durch ein Neues ersetzen und schnell weiterproduzieren. Dieser Umstand macht es nötig, die Formteile zu verziehen, um sie in Werkstückträgern mit linearer Anordnung ablegen zu können.

Der Werkzeuginnendruck ist als direktes Gütekriterium für die Bauteilqualität von besonderer Relevanz. Dementsprechend konzentriert sich das Überwachungs- und Regelungssystem Comoneo von Kistler, Winterthur, Schweiz, auf genau diese Kerngröße. Mehr zur sicheren Prozessüberwachung erfahren Sie hier

Zunächst übergibt der Entnahmegreifer die Artikel an einen Schwenkgreifer, der sie durch die optische Side-View-Prüfstation führt. Mehrere Kameras machen über ein ausgeklügeltes Spiegelsystem aus unterschiedlichen Richtungen (360°-Detektion) Aufnahmen vom Mündungsbereich der Pipettenspitzen und ihren winzigen Öffnungen. Das Ziel ist, stehende Grate oder zu kurze, also unterfüllte, Spitzen zu erkennen. Sollte ein fehlerhaftes Exemplar dabei sein, merkt sich das System, welches es ist, um es später ausschleusen zu können.  

Vorerst aber legt der Schwenkgreifer mit Verziehfunktion alle Artikel in einem Warenträger ab. Ein Entkopplungspuffer mit zehn Minuten Kapazität trennt den Spritzgießvorgang von der folgenden Automation. Sollte es bei letzterer zu einer Verzögerung kommen, beispielsweise weil jemand vergessen hat, Filter oder Etiketten nachzufüllen, kann die Spritzgießmaschine trotzdem weiterproduzieren und die Pipettenspitzen landen im Teilepuffer.

Die Taktzeit der Spritzgießmaschine liegt bei 5,8 s. Die nachfolgende Automation ist mit 4,8 s etwas schneller ausgelegt. Das bedeutet: Wenn die Unterbrechung, die zum Füllen des Puffers geführt hat, beseitigt ist, entleert sich dieser vollautomatisch nach dem First-in-first-out-Prinzip und steht erneut zur Verfügung. Insgesamt sind 17 Werkstückträger mit RFID im Umlauf. An den Sammelstationen besteht die Möglichkeit, Formteile für eine manuelle Qualitätsprüfung zu entnehmen.

Nach der Pufferstation tritt ein Umsetzhandling in Aktion und übergibt die Pipettenspitzen eines Schusses an den sogenannten „Setzkasten“, der zum Beladen gespreizt ist und seine Linien dann zusammenfährt. Von dort gelangen die Artikel im finalen Raster von 8 x 8 in einen „Mover“, den Werkstückträger des eingebauten Rundtransportsystems. Es folgt eine weitere 100-Prozent-Inline-Prüfung, diesmal von unten auf die Tip-Spitzen. Die nächste Station ist die, an der mit einer höhenverstellbaren Servoachse Filter in die Pipettenspitzen eingepresst werden. Beim späteren Gebrauch der Teile in den Laboren sollen sie verhindern, dass mit der Flüssigkeit zu viele Aerosole eingesaugt werden und das Analyseergebnis verfälschen. Die Toleranz für die Einpresstiefe liegt im Zehntelbereich und hier zahlt es sich aus, dass die Teile noch im Mover mit seiner starren Metalloberfläche stecken. Wären sie, wie bei den Anlagen manch anderer Anbieter, bereits in dem für die Auslieferung gedachten Kunststoffrack, könnte sich dieses leicht durchbiegen und die Einpresstiefe wäre ungenau.

Im Vorbeifahren werden alle Filter auf ihren korrekten Sitz hin überprüft. Eine weitere Kamera kontrolliert inline den Innen- und den Außendurchmesser der Pipettenspitzen und ob der Filter unbeschädigt sowie seine Oberseite frei von Partikeln ist. Die vielfältigen Prüfaufgaben im Automationsablauf verlangen fundierte Kenntnisse im Bereich der Bildverarbeitung. MA Micro Automation beschäftigt hierfür eigene Fachleute von Opto-Ingenieuren über Physiker bis Spezialisten für die Softwareentwicklung.

Weiter geht es zur seriellen Prozesskontrolle: Hier wird der Einsatz im Labor simuliert. Dafür entnimmt ein Sauggreifer ein Bauteil und drückt es mit einer definierten Kraft, die der von Laborrobotern entspricht, in eine Aufnahme. Geprüft wird der Rundlauf in Bezug auf den seitlich liegenden Anspritzpunkt. Ist der außerhalb der Norm, kann der Kern des Spritzgusswerkzeuges nachjustiert werden. Neben dem SPC-Roboter befindet sich eine Qualitätsschublade, an der man bei Bedarf Teile im Original-Rack zur weiteren Analyse entnimmt. Eine Ausblasstation entfernt NIO-Teile aus dem Mover und ein Refillhandling füllt die leeren Plätze mit Gutteilen auf, die in einem zwei Schuss fassenden Shuttle auf ihren Einsatz warten. Das letzte Umsetzen der Pipettenspitzen findet danach statt: Von den Movern gelangen sie in die Kunststoffracks, in denen sie verkauft werden. Diese Racks erhalten einen Barcode-Aufkleber, der von einem Thermotransferdrucker erzeugt wird. Die Lage des Etiketts auf dem Rack, seine inhaltliche Korrektheit und die richtige Farbcodierung werden ebenso kontrolliert wie die Vollzähligkeit der Pipettenspitzen. Fehlerhafte Racks rutschen durch einen Auswurfschacht nach draußen, perfekte Racks finden ihren Platz in einer Blisterverpackung.

Die dazugehörenden Blisterdeckel können bei Bedarf per Tintenstrahldrucker mit Lot-Nummer, Verfallsdatum und weiteren Angaben versehen werden. Ein Spezialgreifer kippt die Enden leicht an, nimmt den Deckel auf, lässt prüfen, ob es sich um den richtigen und qualitativ einwandfreien Aufdruck für die im Blister enthaltenen Pipettenspitzen handelt und führt ihn dem Heißsiegelautomat zu. Noch zwei Checks auf eventuelle Versiegelungsfehler an Stirn- und Längsseite, dann Stapelbildung der fertigen Blister – und schon ist alles bereit für den Einsatz im Labor.

Der modulare Aufbau der Automation macht es möglich, sich seine individuelle Anlage zu konfigurieren, indem man – wie beim Autokauf – beispielsweise das Top View-, oder das Verpackungs-Modul auswählt.

Kunststoffe, die in der Medizin zum Einsatz kommen, müssen besondere Eigenschaften erfüllen. Die Grundanforderungen an Materialien für die Medizintechnik etwa sind Biokompatibilität, Sterilisierbarkeit, Temperatur- und Chemikalienbeständigkeit. Die Anforderungen unterscheiden sich dabei im Einzelnen zwischen Materialien, die außerhalb des Körpers, und solchen, die – im Körper etwa als Implantate – zum Einsatz kommen. Biomaterialien – also Werkstoffe, die sich mit Körperzellen vertragen – dürfen keine schädigende Wirkung auf Organismus verursachen, sondern müssen vom Körper toleriert oder, im günstigsten Fall, wie körpereigenes Material akzeptiert werden. Wichtig ist außerdem, dass von dem Material keine toxische Wirkung auf den Organismus ausgeht. Festgelegt sind diese Anforderungen in verschiedenen Vorschriften und Richtlinien, beispielsweise der EU-Richtlinie 93/42/EWG, die auch als „Medical Device Directive“ bekannt ist. Seit 2019 definiert und beschreibt die VDI-Richtlinie 2017 speziell für den Bereich der Kunststoffe, was unter Medical Grade Plastics zu verstehen ist und welche Eigenschaften und Anforderungen maßgeblich sind. (Bild: Paul Vinten – Fotolia)

Polyethylen (PE) ist nicht nur insgesamt der weit verbreitetste Kunststoff, sondern spielt auch im medizinischen Einsatz eine große Rolle. Der Werkstoff kommt vor allem in Verpackungen für klinische und pharmazeutischer Produkte zum Einsatz, so etwa in Flaschen oder Folien, aber auch beispielsweise in Spritzen. Vor allem Polyethylene hoher Dichte, sogenanntes PE- HD, zeichnet sich dabei durch eine hohe Formfestigkeit und Chemikalienbeständigkeit aus. Das Material kommt daher etwa auch für Implantate, zum Beispiel als Hüftgelenkpfannen in der Orthopädie, zum Einsatz. Außerdem lässt sich etwa bei Behältern aus PE der Einfluss von migrierenden Additiven vermeiden. (Bild: catsnfrogs – Fotolia)

Das zweite besonders häufig in der Medizin eingesetzte Polymer ist Polyvinylchlorid, besser bekannt als PVC. Für den Werkstoff sprechen vor allem der geringe Preis, auch im Vergleich zu anderen Kunststoffen, sowie die einfache Verarbeitbarkeit. Das Material ist außerdem sehr gewebe- und blutverträglich. Aufgrund dieser Eigenschaften kommt PVC vor allem in Einweg-Produkten wie Blutbeutel und Handschuhe oder Katheter, aber auch für Schläuche und sterilisierbare Verkleidung von medizinischen Geräten zum Einsatz. Als Problem von Weich-PVC gilt zunehmend, dass der Kunststoff meist phthalathaltige Weichmacher wie Diethylhexylphthalat (DEHP), das nicht chemisch gebunden ist und damit in seine Umgebung migrieren kann. Dem Additiv werden fortpflanzungsschädigende Eigenschaften zugeschrieben. Weich-PVC enthält bis zu 40 Gewichtprozent an DEHP. Während der Stoff in Kinderspielzeug oder Kosmetika verboten ist, gilt das Additiv in Medizinprodukten als weitgehend unverzichtbar. Hersteller müssen jedoch jeweils darlegen können, warum sich keine Alternativen zu DEHP einsetzen lassen. (Bild: Stephan Morrosch – Fotolia)

Für Verpackungen aller Art kommt im medizinischen Bereich vor allem Polystyrol (PS) zum Einsatz. Durch seine hohe Transparenz und ist der Thermoplast vor allem in Anwendungen zu finden, in denen sonst Glas zum Einsatz kommen würde, also etwa in Behältern für infektiöses oder toxisches Material oder im Laborbereich in Petrischalen und Ähnlichem. PS findet jedoch beispielsweise auch als Folie in Medikamentenblistern Verwendung. Expandiertes Polystyrol (EPS), weit bekannt unter dem Handelsnamen Styropor, dient als Schaumstoff dagegen dem Schutz von empfindlichen Produkten. Außerdem leistet das Material durch seine wärmedämmende Wirkung seinen Dienst in der Kühlkette beim Transport von Medikamenten und aktuell in der Logistik von Covid-19-Impfstoffen. (Bild: ggw – Fotolia)

Auch Polypropylen (PP) kommt hauptsächlich für die Verpackung zum Einsatz, beispielsweise wiederum in Medikamentenblistern, aber auch für Einwegspritzen oder Infusions-Bestecke. Hitzestabilisierte Polypropylen-Typen sind darüber hinaus gut zu sterilisieren. Außerdem kommt PP auch in Implantaten zum Einsatz. Außerdem spielt PP durch seine glatte Oberfläche als Nahtmaterial eine große Rolle. (Bild: ThKatz – Fotolia)

PE, PVC, PS und PP sind die mit Abstand gängigsten Polymere in der medizinischen Anwendung und stehen zusammen für 80 bis 90 % der dort eingesetzten Kunststoffe. Daneben gibt es noch eine Reihe anderer Kunststoffe in der Medizintechnik. Bereits seit etwa 20 Jahren wird beispielsweise auch Polyetheretherketon (PEEK) für Implantate in der Wirbelsäulen- und Gesichtschirurgie verwendet. Aufgrund eher unvorteilhafter Oberflächeneigenschaften ist der Werkstoff aber nicht weit verbreitet. Nitril-Polymere wiederum finden durch ihre chemische Beständigkeit und die gummiähnlichen Eigenschaften für Schutzhandschuhe Anwendung. (Bild: April Cat – Fotolia)

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